Meine Notizen hier sollten mir helfen. Als ich begann, dachte ich noch, ich wolle chronologisch festhalten, was passiert. Heute weiß ich es besser und darum wird dies mein (vorerst) letzter Eintrag. einsplus4 bleibt im Netz und ich schließe nicht aus, dass ich irgendwann weiterschreibe – aber hier und heute ist erst mal Schluss und ich sag euch auch, warum:
Ich wollte nicht bloß chronologisch festhalten was passiert. Ich wollte verstehen, WARUM es passiert und vor allem wollte ich verstehen, warum der Mann, den ich so lange Zeit geliebt, mit dem ich vier Kinder habe und von dem ich dachte, dass er auch mich geliebt hat – warum dieser Mann mich so sehr hasst, dass er nicht nur mich am Boden sehen will, sondern die Kinder gleichfalls mit?
Die Suche nach der Antwort hat nichts gebracht außer der Erkenntnis, dass ich es nicht verstehen kann. Nicht heute. Nicht morgen. Gar nicht.
Darum kann ich aufhören zu suchen. Beenden werde ich diese Suche mit einem Brief an den Vater meiner Kinder, den Weggefährten der letzten Jahre, den einstmals verlässlichen Partner, an eine in der Vergangenheit große Liebe in meinem Leben, an den Menschen, den ich heute nicht wiederfinde, nicht erkenne:
Weiß du noch?
Weißt du noch, wie glücklich wir waren, als du mich vor fast zwölf Jahren im Wohnzimmer der B-W-Straße herumwirbeltest, weil ich dir sagte, dass mir egal ist, was die Kollegen denken, weil ich mit dir zusammen sein will?
Weißt du noch, wie wir staunend das schlagende Herz unseres ersten Kindes auf dem Ultraschallmonitor betrachteten?
Weißt du noch, wie wir vor lauter Glück weinten, nach dem Ja-Wort und wie nach lauter Hagel, Regen, Sturm und Gewitter dann endlich noch die Sonne schien – und wie?
Weißt du noch, dass wir mal sehr, sehr glücklich waren? Es gäbe so unendlich viele „Weißt du noch?“ und ich erinnere fast alle.
Jetzt haben wir uns nichts mehr zu sagen. Jedenfalls nichts freundliches. Auch die Frage, wie es soweit kommen konnte, erübrigt sich für mich, denn was würde das Wissen darüber schon verändern? Nichts. Darum blicke ich nicht mehr in die Vergangenheit. Ich schaue mir das Jetzt an und sehe Folgendes:
Ich sehe dich mit deiner Freundin. Kürzlich bei whatsapp. Da habe ich dich zwar blockiert, trotzdem bist du noch in der Liste und vor ein paar Tagen dann – durch Zufall – sah ich dein aktuelles Bild. Ihr zwei, selig lächelnd, eng beieinander. Im ersten Moment war ich irgendwie betroffen. Beim zweiten Hinschauen nur noch ein bisschen und beim dritten konnte ich erkennen:
Ihr seht glücklich aus. Zufrieden. Entspannt.
Und was nicht unwichtig (für mich) ist: Mir ist das völlig egal. Da rührt sich rein gar nicht mehr in mir. Nichts Schönes und nichts Böses.
Was sehe ich noch?
Ich sehe unsere Kinder, die dich gerne besuchen – wenn auch nur kurz. Eine Nacht reicht ihnen und auch das 14 Tage Intervall stört die Großen nicht. Oft fragen sie mittlerweile, ob sie wirklich müssen… und das tut mir weh, weil ich mir so gewünscht habe, dass ihr die Trennung positiv nutzt. Du vor allem. Das du ein toller Papa werden kannst, weil du die entspannten Sahnestückchen-Stunden mit unseren fantastischen Vier hast und nicht den Alltagsscheiß. Leider hast du es geschafft, dass Wochenende und die Zeit bei dir so zu gestalten, dass die Kinder diese Zeit dort nicht vermissen und sich regelmäßig auf den Alltagsscheiß mit mir hier freuen.
Ich sehe ein trauriges Gesicht im Spiegel. Eins das Angst hat. Und Sorgen. Und Kummer, aber nur, wenn`s allein ist. Das aber trotzdem mit den Kindern lacht, weil der Kummer sie nicht anstecken soll.
Ich sehe unser Haus, das ich allein bezahlen könnte, aber vermutlich nicht darf, weil du die Anschlussfinanzierung torpedierst. Keine Verpflichtung mit mir eingehen möchtest, sondern deshalb den Kindern lieber den sicheren Hafen Zuhause nimmst. Welches Risiko gingest du ein? Dieses Haus ist deutlich mehr als 200.000€ wert und bei der Sparkasse nur noch mit 140.000€ belastet. Warum unterschreibst du nicht? Das Haus kann doch jederzeit verkauft werden? Je länger ich es abzahle, umso höher der Wert. Ich habe dir mehrfach angeboten, dass juristisch abzusichern. Ich habe dich weinend angefleht, den Kindern nicht noch mehr zu schaden – dir ist das egal.
Ich sehe deine Wut. Deinen Hass. Ich höre deine Worte, die monoton wiederholen:
DU wolltest es so. Sieh zu, wie du klar kommst. Nicht mein Problem. Fang an, deine Schulden zu zahlen! Damit meinst du den Konsumkredit, der auf deinen Namen läuft. Aber mal ehrlich – wie sollte ich das machen? Du zahlst deine ja auch nicht. Du bist Miteigentümer und ich zahle hier dennoch allein – das ist doch nichts anderes. DAS aber willst du nicht verstehen. Die Schulden auf dem Haus sind GEMEINSAME – auch wenn du hier nicht mehr wohnst.
Ich sehe, dass du dich nicht verantwortlich fühlst für mich. Und das kann ich sogar verstehen, ehrlich. Trotzdem ist es so, dass mir Unterhalt UND Unterkunft zusteht. Und nicht nur den Kindern. Ich bin alleinerziehende Mutter von vier Kindern im Alter zwischen zwei und zehn Jahren. Ich kann im Moment nicht allein für meinen Lebensunterhalt aufkommen, weil die Kinder mich vorrangig brauchen. Darum ist finanzielle Unterstützung und Verantwortung eben AUCH Aufgabe des Familienvaters und der bist DU und zwar – ich weiß, dass willst du nicht hören – OBWOHL wir getrennt sind.
Ich bin zusammengebrochen. Gestern. Mein Kreislauf sackte weg. einfach so. Ich fand mich am Boden wieder – und da sollte ich doch deiner Ansicht nach auch hin. Die Kinder waren alle aushäusig betreut. GLÜCK. Mein Körper verweigerte den Dienst und mein Hirn konnte nichts dagegen tun. Ich lag am Boden und weinte. Hilflos. Allein. Wie ein Kind. Aber ich bin keins. Ich habe vier. Um die kann ich mich jetzt nicht kümmern. Weil ich am Boden liege. Weil ich weinen muss. Weil Kummer ansteckend ist und die Kinder gesund bleiben sollen. Darum habe ich dich angerufen. Gesagt, dass du die Kinder nehmen musst. Für ein paar Tage. Deine Reaktion war die Übliche. Abwehrend. Nicht dein Problem. Jemand anders solle sich kümmern und dann: „Das machst du nur, um mir eins reinzuwürgen!“
Widerwillig hast du die Kinder trotzdem abgeholt. Angekündigt, dass du sie nicht bis Montag nimmst. Krankmeldung hin oder her. Und so kam dann auch heute Vormittag dein Anruf, dass du aus betrieblichen Gründen nicht frei bekommst. Erst nach Intervention des Jugendamtes ist nun entschieden, dass die Kinder heute zu mir zurück kommen und du sie aber Samstag nach der Arbeit holst, damit sie dann bis Montagabend bei dir bleiben können.
Ich schäme mich. Ich schäme mich, weil ich am Boden liege und mein Körper mir nicht gehorcht. Ich schäme mich, weil ich immer weiter weine und nicht aufhören kann. Ich schäme mich, weil ich nicht für die Kinder da sein kann. Zu schwach bin und sie darum zu dir müssen. Ich schäme mich, weil du sie nicht wirklich willst. Ich schäme mich, weil du Mittel und Wege suchtest, um sie NICHT nehmen zu müssen. Ich schäme mich, dass wir unseren Kindern so schlechte Eltern sind. Ich schäme mich wirklich.
Du hättest es in der Hand. Du könntest so vieles am Ende gut werden lassen für die Kinder und willst es nicht, weil du mich so sehr hasst. Ich sehe es. Ich sehe es ein.
Es tut mir leid, dass ich dir weh getan habe. Es tut mir leid, dass dich meine Trennung von dir so verletzt hat. Solltest du irgendwann einmal ähnlich empfinden, dann sorg dich nicht. Ich habe dich sehr geliebt. Ich kannte dich. Diese Zeit war schön. Ich fange neu an. Mit den Kindern. Ohne dich. Ganz ohne dich. Ich muss nicht verstehen, warum es zwischen uns ist, wie es ist. Ich muss nicht verstehen, warum du uns weh tust. Ich kann es dir trotzdem einfach verzeihen. Und das tue ich jetzt.
Ich verzeihe dir und wünsche dir Gutes.
S.
Ich brauche diesen Blog nicht mehr. Ich habe verarbeitet. Ich mache nicht mehr einfach bloß weiter. Ich fange außerdem neu an. Und ich vertraue mir, dass ich das gut mache. Danke, für`s Lesen.